Unterrichtssequenz zum Lernbereich Körper


IV. Körper: Praktisch-bildnerische Arbeit

von Uli Schuster 2008

Der neue Lehrplan für die Oberstufe des G8 in Bayern sieht in 11.1 eine Auseinandersetzung mit dem Themenfeld "Körper" vor. Die nachstehende Unterrichtssequenz möchte in vier abgeschlossenen Einheiten ein Beispiel geben, das diesem Anspruch gerecht zu werden versucht. Die Unterrichtssequenz ist auf vier getrennte Adressen verteilt, die entweder direkt angesteuert werden können oder oben im Kopf dieser Seite über die Kapitelüberschriften erreichbar sind.

I. An ausgewählten Positionen der "Sattelepoche" (zwischen 1850 und 1930) wird in einer ersten Einheit ein künstlerischer Diskurs innerhalb der Gattung Plastik dargestellt, der für diese Epoche bezeichnend ist. Anhand von Skulpturen und Plastiken, die um die Jahrhundertwende entstanden, kann beispielsweise die Vorstellung von der Einzigartigkeit des Kunstwerks kritisch beleuchtet werden.

II. In einer zweiten Einheit wird, wie bisher in der Oberstufe auch, die Werkanalyse erprobt, und zwar exemplarisch am besten an einem Schlüsselwerk. Auf der Basis einer Formanalyse wird ein Gemälde untersucht in Bezug auf seine flächige und räumliche Bildordnung sowie auf Licht/Farbe und die Ordnung von Bildobjekten, soweit sie sich als solche noch zu erkennen geben. 

III. Schließlich stellt eine dritte Einheit Bezüge her zu aktuellen Körperdiskuren in neuerer Kunst und in der Alltagsästhetik.

IV. Jede dieser Einheiten kann einen eigenen Bezug zu einer bildnerisch-praktischen Aufgabe herstellen, weshalb die vierte Einheit in dieser Reihe auch nur ein Beispiel sein kann, wie sich in die vorhergehenden Reflexionen und Übungen eine entsprechende Arbeit einreihen kann.


IV. Figürliches Zeichnen
 
Die Umrisslinie allein enthält zwar schon das Programm der perspektivischen Verkürzung, gibt aber zu wenig Anhaltspunkte für die Volumina von Beinen, Armen, Rumpf und Kopf. Hier sollte man die Schüler auffordern, aus den oben gezeigten künstlerischen Vorbildern die Tricks zu übernehmen, die die Maler verwendeten. Mantegna hüllt die Beine seines Christus in ein Tuch, das er in zahlreichen Falten quer zur Achse der Beine so drapiert, dass diese den plastischen Verlauf sehr markant wiedergeben. Solche Linien finden wir auch an den Hosenbeinen unserer Modelle. Der Verlauf von Falten und Nähten, der Blick in die Röhren der Hose und Ärmel, die Gürtellinie liefern die stereometrischen Anhaltspunkte, die wir optisch zum Erfassen der räumlichen Struktur benötigen. Wer als Lehrer seinen Schülern einen Gefallen tun will, der bringt zu einer derartigen Aufgabenstellung ein quergestreiftes, langärmliges T-Shirt mit, das sich ein Modell überziehen kann.

Auge und Gehirn geraten bei diesem Anblick leicht in Widersprüche. Unsere Wahrnehmung täuscht uns eine Größenkonstanz vor, die uns der Anblick nicht liefert. Durch Peilen lassen sich manche Schüler davon überzeugen, dass die hochgestellten Fußsohlen bereits 2/3 des Maßes von der Verse bis zur Nasenspitze ausmachen.

Ein Erklärungsversuch
Der Tisch, auf dem die Figur liegt, liefert die Grundfläche für den Quader, den man ihr umschreiben kann, und der als Zeichenhilfe deshalb einleuchtet, weil er in der Perspektive einfach zu erfassen ist und weil an ihm das Problem der Verkürzung gut erklärt und nachvollzogen werden kann. Wie wir aus der Proportionslehre wissen, entspricht die Länge der Beine (Verse bis Hüfte) etwa der halben Körperlänge und die Kopflänge etwa 1/8 derselben. Wir suchen also an dem Quader, in den wir die Figur hineinzeichnen werden, die Mitte (über die Diagonalen). Die Verkürzung der entfernter liegenden Körperhälfte ist gewaltiger als man dies ohne eine solche Vergewisserung zu zeichnen geneigt ist. Entsprechend kann man den Teil des Quaders bestimmen, in den der Kopf zu zeichnen ist. (Rollover)
Vergleich
Der Bildwinkel, unter dem das Objekt gesehen wird, bestimmt den Grad der Verkürzung. In der tiefen Position schrumpft der Körper zu einem kompakten Paket. Im gleichen Maß, in dem der Körper schrumpft, wachsen die Sohlen, bis sie in der tiefen Position über 2/3 der Gesamthöhe beanspruchen.
In einer Klasse kann man mit zwei oder drei Modellen auskommen, wenn man dafür sorgt, dass die Zeichner sowohl am Kopfende wie auch am Fußende der Modelle Position beziehen können. Ganz flotte Zeichner fertigen in einer Stunde schon beurteilbare Skizzen, während die langsameren doch eher eine Doppelstunde benötigen. Dann kann man aber auch fordern. dass Details wie Falten, Nähte, Hände und Gesicht durchgestalten sein müssen. Wir haben die Aufgabe mehreren Jahrgangsstufen von der 10. angefangen angeboten und konnten feststellen, dass die Herausforderung mit zunehmendem Alter nicht geringer wird.
Schülerarbeiten (oben aus einer 11. Klasse.LK Anwärter, unten aus einer 12. Jgst. Grundkurs)
Literatur
A) Erster Eindruck

B) Formanalyse

B 1) Ordnung der Bildfläche
   

B 2) Ordnung des Bildraums
     

B 3) Farbordnung und Bildlicht

 
     

B 4) Ordnung der Bildgegenstände
I

C) Kontext I:

Bilder bringen Bewegung in die Kunst
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C) Kontext II:

Bewegung als Thema von Malerei, Fotografie, Plastik